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Interviews sind schon längst nicht mehr nur Journalisten-Sache. Auch in der PR- und Medienarbeit werden sie immer wichtiger. Zum einen bei der Content Produktion für Kunden, zum anderen sind auch die Medien immer öfter dankbare Abnehmer von pfannenfertigen Inhalten. Wie aber soll man eigentlich Interviews führen? Wie kitzelt man Spannendes aus dem Interviewpartner heraus? Und welche Regeln gelten? Wir haben bei einem Profi, Journalistin Sandra Casalini, nachgefragt und verraten euch hier die wichtigsten Do’s und Don’ts.

Interviews geniessen bei vielen Leuten, die sich ihnen regelmässig stellen müssen, einen eher zweifelhaften Ruf. Und auch wer kaum je interviewt wird, hat meist Vorurteile. Kein Wunder, schliesslich wird niemand gern “gelöchert” – so wie das zum Beispiel auch Wikipedia in seiner Definition suggeriert: “Befragung mit dem Ziel, persönliche Informationen, Sachverhalte oder Meinungen zu ermitteln”. Da kann man sich schon mal wie bei einem Verhör vorkommen. Aber genau das soll ein Interview eben nicht sein. Denn auch wenn die Frage, was denn nun ein “gutes” Interview ist, im Auge des Betrachters liegt, ist der Idealfall klar: ein Interview, das sowohl dem Interviewer, als auch dem Interviewten, als auch dem Publikum Spass macht. Und das ist kein gnadenloses Frage-Antwort-Spiel, sondern ein angeregtes und anregendes Gespräch. Hier das Wichtigste in Kürze:

DON’T: Das Interview immer als richtige Form ansehen

Macht ein Interview für den Zweck, der erfüllt werden soll, überhaupt Sinn? Oft tut es das nämlich gar nicht. Gibt es genug zu erzählen? Kann der oder die Interviewte die Inhalte so erzählen, dass keine ellenlangen Erklärungen nötig sind? Oder würde vielleicht eine andere Form mehr Sinn machen? Faustregel: Wenn es um ein bestimmtes Ereignis geht, ist eine Reportage meist sinnvoller. Wenn es um eine Person geht, macht ein Porträt Sinn – nichts ist ermüdender als jemand, der gefühlte Stunden über sich selbst redet. Interviews sind eine gute Form, wenn es um eine bestimmte Sache geht, von welcher der oder die Interviewte entweder besonders viel weiss, oder aber wenn seine oder ihre Meinung dazu besonders interessant ist.

DO: Vorbereitung ist das A und O

Oft werden Interviews als einfache, zeitsparende journalistische Form angesehen, weil man keinen eigenen Text kreieren muss. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Keine journalistische Form ist so aufwendig wie ein Interview – egal ob als Print, Audio oder Bewegtbild. Und bei keiner anderen Form ist Vorbereitung so wichtig. Denn wer kaum eine Ahnung davon hat, wovon das Gegenüber spricht, wird kaum sinnvolle Fragen stellen. Apropos: Im Gegensatz zu Porträts oder Reportagen ist es bei Interviews ein Must, ausformulierte Fragen vorzubereiten. Es können während des Gesprächs immer noch welche dazukommen oder weggelassen werden.

DON’T: Nichts erklären

Gerade wenn der oder die InterviewpartnerIn nicht so geübt ist, schätzt er oder sie es, wenn man die Rahmenbedingungen erklärt. Dazu gehört zum Beispiel beim Print das Gegenlesen. So weiss das Gegenüber, dass man auch im Nachhinein noch Änderungen anbringen kann und während des Gesprächs nicht ständig darauf achten muss, was man nun sagen soll oder nicht. Für Audio oder Bewegtbild ist ein Hinweis darauf, dass man auch mal etwas wiederholt oder geschnitten werden kann (ausser es handelt sich um ein Live-Interview) sinnvoll. Zudem macht es Sinn, im Vorfeld die Gesprächsfelder abzustecken. Das heisst: Worüber wird ungefähr gesprochen. Oft möchten Interviewte auch bereits im Voraus die Fragen sehen.

DO: Mensch sein

Wer möglichst persönliche Informationen oder Meinungen aus seinem Gegenüber herauskitzeln möchte, darf sich selbst nicht hinter einem undurchdringbaren Pokerface verstecken. Selbstverständlich kommt es ein bisschen darauf an, mit wem man es zu tun hat, aber eine Aussage wie “Ich bin (auch) ein bisschen nervös” oder aber auch “Ich freue mich sehr auf das Gespräch und bin gespannt, was Sie zu sagen haben” lockert die Atmosphäre von Anfang an auf. Auch während des Gesprächs darf man sich mal eine persönliche Bemerkung erlauben – “Oh ja, ich kenne das Gefühl” – aber bitte mit Mass. Schliesslich ist es nicht die Show des Interviewers, sondern des Interviewten.

Ein Interview mit ordentlich Publikum: Ferris und Denver Airport CCO Patrick Heck im Interview im Rahmen eines Gate-Events.

DON’T: Um den heissen Brei herumreden

Bei fast jedem Interview gibt es sie: Die Fragen oder Themen, die man unbedingt anschneiden muss oder will, aber nicht so recht weiss, wie. Tatsächlich gibt es da nur eine Lösung: Luft holen, Augen zu und durch. Dafür gibt es zwei Varianten: ohne mit der Wimper zu zucken aus dem Blauen heraus oder mit Ansage. Ersteres eignet sich für Interviews mit Prominenten, die in solchen Situationen geübt sind. Zudem kommen bei Prominenten im Vorfeld oft Ansagen vom Management, worüber nicht geredet werden darf (“keine Fragen zum Privatleben”). Aber: Interview-Profi Sandra Casalini hält sich auch da nicht immer dran. Denn der Promi ist Profi genug, um zu sagen, das gehe niemanden etwas an oder um sich geübt herausreden. Zudem könne man dann immer noch dealen, ob man zum Beispiel etwas verallgemeinern kann. Variante zwei bedient sich einer Art Vorwarnung: “Sie wissen, ich muss das fragen…”.

DO: Einfach sagen, was man hören will

Gerade bei Content Produktionen mit Kunden und insbesondere, wenn es um Bewegtbild geht, darf man jemandem, der vielleicht rhetorisch nicht ganz so geübt ist, auch mal Worte in den Mund legen: “Ich habe mir das ungefähr so und so vorgestellt. Wäre das realistisch, dass Sie das sagen?”. Aber Achtung: unbedingt flexibel bleiben. Der Interviewte muss seine Meinung vertreten dürfen, und die muss nicht der unseren entsprechen. Dennoch wichtig: Hinterfragt werden darf die Meinung des Gegenübers aber jederzeit, vor allem dann, wenn eigene Recherchen andere Fakten ergeben haben.

DON’T: Es um jeden Preis durchziehen

Ein gutes Interview ist wie eine gute Beziehung – es braucht zwei dazu. Wenn jemand jeder Frage ausweicht, einsilbig oder gar nicht antwortet, ist es total legitim, ein Interview abzubrechen. Das passiert sehr selten, aber es passiert. Wenn man merkt, dass man kaum etwas halbwegs Zufriedenstellendes abliefern könnte mit dem bisherigen Material, darf man freundlich und bestimmt sagen, dass jede weitere Frage wohl Zeitverschwendung wäre.

DO: Die Regeln beachten

Der/die InterviewpartnerIn hat ein Recht aufs eigene Wort. Das bedeutet, dass der Interviewte Print- oder Online-Interviews vor der Veröffentlichung lesen und seine Antworten abändern darf. Das gilt aber nicht für die Fragen. Auch bei Tonaufnahmen besteht das Recht, gewisse Aussagen herausschneiden zu lassen. Daran gibt es grundsätzlich nichts zu rütteln – aber meist findet man Kompromisse. Zumal ja auch der Interviewte daran interessiert ist, möglichst offen und ehrlich rüberzukommen.

Ob Promi-Enthüllung, Experten-Tipp oder das neueste Gadget-Must-have: Jede Story hat ihren Platz und nicht immer eignet sich dasselbe Gefäss dafür, die Geschichte zu erzählen. Wenn ein Interview die richtige Form ist, kann mit unseren Do’s und Don’ts nicht mehr viel schief gehen – ob vor der Kamera oder face to face mit einem Promi.